S1 F2 – Wie die Ukraine-Krise die Kommunikation beeinflusst

Der Krieg in der Ukraine beschäftigt längst nicht mehr nur die Energie- und Rüstungsindustrie. Auch die Kommunikationsbranche spürt mittlerweile die Folgen der Krise. Die Auftragslage bei den Werbeagenturen hat sich massiv verändert. Woran liegt das? Und wie sollten die Kommunikationsabteilungen der Konzerne mit der Situation umgehen?

Die Auftragsbücher bleiben leer

In unserem Podcast erzählt Thorwald (Geschäftsführer der Agentur Bluehouse), dass seine Kunden eigentlich nicht direkt von der Ukraine-Krise betroffen sind. Aber trotzdem schleichen sich nach und nach mehr Absagen ein. Projekte werden verzögert, es gibt keine Entscheidungen, Anfragen werden gar nicht umgesetzt. Anders als in den Anfängen der Corona-Krise ist die Situation aber nicht wirklich greifbar.

Thorwald hat sich aufgemacht und hat sich bei vielen weiteren Agenturen erkundigt. Und siehe da: Das Bild sieht bei vielen anderen Agenturen ähnlich aus. Was aber auch alle eint, ist die Tatsache, dass niemand eine wirkliche Erklärung dafür hat. Kunden treffen keine Aussagen dazu. Ist hier nur eine neue Vorsicht der auslösende Faktor? Oder ändert sich die Kommunikationsbranche insgesamt?

Freiheit ist ein Lebensmittel

Edeka ist mit dem Post „Freiheit ist ein Lebensmittel“ einen mutigen und vor allem schnellen Schritt gegangen. Mit dieser Aussage wollte Edeka direkt Flagge zeigen. Aber das kam in der Community gar nicht gut an. Es kam zu einem Shitstorm. Der Vorwurf: Statt zu helfen, nutzt Edeka die Situation für sich aus und rückt sich selbst ins Rampenlicht. (Artikel zu dem Edeka-Post: https://www.wuv.de/Archiv/Edeka-solidarisiert-sich-mit-der-Ukraine)

Edeka hätte an dieser stelle etwas diplomatischer vorgehen können. Zum Beispiel indem man die Unterstützung mit Lebensmitteln ankündigt oder ähnliches. Dann wäre es nicht bei einer einfachen Werbeaussage geblieben.

Andererseits hat Edeka Mut bewiesen, sehr früh in der Krise Flagge zu zeigen und eine Meinung zu haben. Gerade das ist für Marken heutzutage besonders wichtig.

Edeka hätte direkter kommunizieren sollen, wie es zu der Krise steht und was es dagegen tut. Das wäre deutlich besser gewesen, als aus der Krise einen Slogan zu generieren.

Dieses Beispiel zeigt doch, dass Kommunikationsprofis vor allem in der Krise gefragt sind. Warum aber brechen die Aufträge stattdessen ein?

Kommunikationsabteilungen haben jetzt andere Aufgaben

Eine These ist, dass sich die Aufgaben der Kommunikationsabteilungen stark gewandelt haben. Schon in der ersten Corona-Welle war vor allem die interne Kommunikation stärker gefragt als die externe. Der Laden musste schließlich am Laufen gehalten, viele Fragen der Mitarbeitenden beantwortet werden.

Ähnlich sieht es auch jetzt wieder aus. Die Corona Krise scheint sich ihrem Ende zu nähern. Eigentlich sollte jetzt alles wieder losgehen. Stattdessen Krieg in der Ukraine, steigende Preise, Lieferengpässe und Personalmangel. All das sind Krisenthemen, die wir so nicht gewohnt sind. Die Kommunikation ist nun also besonders gefragt. Es werden Gremien gebildet, die sich mit den eigenen, etwaigen Krisenszenarien beschäftigen und diese mit Hilfe der Kommunikationsabteilungen in die Belegschaft kommunizieren.

Wir lassen die Krisen über uns ergehen

Hinzu kommt der fehlende Aktionismus, der uns in der Corona-Krise begleitet hat. Zu Beginn der Pandemie haben die Konzerne die Ärmel hochgekrempelt und direkt Maßnahmen in die Wege geleitet. Dieser Modus scheint mittlerweile einem „über sich ergehen lassen“ gewichen zu sein. Das führt natürlich auch zu einer anderen Haltung, was neue Projekte und energetische Kampagnen angeht. Wer will in diesen Krisenzeiten witzige Social Media Kampagnen produzieren, die sich viral verbreiten, während Putin in die Ukraine einmarschiert und die ersten Menschen in Deutschland aus finanziellen weniger Lebensmittel kaufen?

Es bleibt uns im Moment nur abzuwarten und zu hoffen, dass die Kommunikationsbranche bald wieder die kreative Energie freisetzen kann, die wir von vor Corona kennen.